Das ewige Aufschieben ist für viele Autorinnen und Autoren ein Problem. Projekte dauern viel länger oder die Bücher werden sogar niemals fertig. Die Autor*innen, denen es so geht, leiden häufig stark unter ihrer Aufschieberitis. Sie werfen sich selbst vor, nicht gut genug zu sein, zu faul und zu willensschwach, einfach unfähig. Nichts davon ist wahr, aber wenn uns die Prokrastination am Wickel hat, geraten wir in eine Abwärtsspirale, die es uns schwer macht, uns daraus zu befreien. Doch das muss nicht sein, man kann Prokrastination beenden. Also: Was tun gegen Aufschieberitis?
Aufschieberitis-Ursachen: Warum prokrastinieren wir?
Um das Aufschieben zu beenden, ist es wichtig, die Gründe dafür zu verstehen. Es könnte sein, dass wir uns von der anstehenden Aufgabe überfordert fühlen. Oder vielleicht sind wir Perfektionisten und haben Angst, nicht gut genug zu schreiben. Im Blogbeitrag „Aufschieberitis-Ursachen: Warum prokrastinieren wir, statt zu schreiben?“ (HIER klicken) gehe ich darauf ein, dass vor allem unser Gehirn die Ursache ist, da es uns vor Gefahr schützen möchte und uns deswegen bei Angst und Stress vom Manuskript forttreibt.
Doch es gibt Dinge, die du tun kannst, um das Aufschieben zu überwinden und mit dem Schreiben zu beginnen.
1. Tipp gegen Aufschieberitis: Hinterfragen, warum ich prokrastiniere
Gleich vorweg: Wenn das Prokrastinieren ein schmerzhaftes Problem darstellt, sollte man sich auf jeden Fall mit der Frage beschäftigen, was die Hintergründe davon sind. Was habe ich davon, das Schreiben aufzuschieben? Wovor schütze ich mich mit diesem Verhalten? Da wir nun mal Autor*innen sind, können wir mit einem Freewriting nach Antworten suchen.
2. Tipp gegen Aufschieberitis: Große Aufgaben in kleine Schritte zerteilen
Es ist altbekannt, dass wir die große Aufgabe „das Buch schreiben“ in kleinere Schritte unterteilen müssen. Große, komplexe Aufgaben lähmen uns und selbst, wenn wir daran arbeiten, sind Fortschritte schlecht zu erkennen. Indem man kleine und noch kleinere Schritte plant und Zwischenziele setzt, wird die große Aufgabe machbar, denn man schreibt ja nicht ein Buch, sondern heute drei Seiten. Die regelmäßigen Erfolgserlebnisse motivieren und man kann besser eingreifen und die Planung oder die Begleitumstände verändern, wenn man durch die Erfahrung zu besserer Planung in der Lage ist.
3. Tipp gegen Aufschieberitis: Aufgaben konkret planen
Hand in Hand mit der kleinschrittigen Planung geht der Tipp, sich konkrete Aufgaben zu stellen. Also nicht „drei Seiten schreiben“ oder „Ich mach da morgen weiter“ sondern „Die Szene an der Bar, in der …“ schreiben. Wenn du dir am Vortrag notierst, was du als nächstes Schreiben willst, dann sammelst du unmerklich im Hinterkopf schon mal Material für diesen Schritt. Außerdem senkt es stärker die Hemmschwelle zu beginnen, wenn du genau weißt, was zu tun ist, als wenn dieser Sachverhalt schwammiger ist. Das gilt nicht nur für die tatsächliche Niederschrift, sondern für jede Phase des Schreibprozesses.
In meinem Mini-Workshop „Schreiben statt prokrastinieren“ (Hier klicken) erhältst du die Vorlage für ein einfaches Schreibjournal, das dir dabei hilft, jedes Mal, wenn du dich zum Schreiben hinsetzt zu wissen, was heute zu tun ist. Diese Planung funktioniert flexibel und ist ausdrücklich auch für Entdeckungsscheiber geeignet.
4. Tipp gegen Aufschieberitis: Ablenkungen und Störungen vermeiden
Finde heraus, was dich beim Schreiben ablenkt und stört und dann ergreife Maßnahmen dagegen. Die beiden wichtigsten Störfaktoren dürften bei vielen das Smartphone und Familienmitglieder sein. Das Smartphone sollte sich während des Schreibens nicht im selben Raum befinden und so leise sein, dass man Benachrichtigungen nicht hört. Für die Familienmitglieder gibt es zwei Strategien. 1. Ein Signal, das zeigt, dass man nicht gestört werden möchte, also entweder ein Schild an der Tür oder Kopfhörer auf dem Kopf. Je nach Alter der Beteiligten kann man klare Regeln vereinbaren („Nur stören, wenn Blut fließt.“) oder den Partner, die Partnerin, Großeltern, Nachbarn, Freunde einsetzen, die sich während der Schreibzeit, um die Kinder kümmern. Die braucht man auch für die 2. Strategie: Falls zu Hause nie genug Ruhe zu bekommen ist, verlagert man das Schreiben außer Haus und setzt sich stattdessen zum Beispiel in eine Bibliothek oder ins Auto.
5. Tipp gegen Aufschieberitis: Arbeitsplatz vorbereiten
Um uns das Anfangen zu erleichtern, hilft es den Arbeitsplatz vorzubereiten. Muss man erst einmal einen Stapel Unterlagen wegräumen, um Platz zu schaffen oder das Notizbuch mit den Ideen suchen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass wir diese Zeitspanne nutzen, um uns davonzustehlen. Wenn man beispielsweise morgens schreiben möchte, hilft es am Vorabend alles bereitzulegen. Dann sieht der Schreibtisch schon einladend aus und wir schneiden uns den Fluchtweg namens „Erst mal kurz aufräumen“ ab.
6. Tipp gegen Aufschieberitis: Benötigte Zeit realistisch planen
Falls du planst, wie viele Wörter oder Seiten du pro Tag schreiben möchtest, sei nett zu dir und setz dich nicht zu sehr unter Druck. Halbier einfach das Ziel, das du dir gesetzt hast. Dann erreichst du es leichter, hast Erfolgserlebnisse und die Chance dich dadurch weiter zu steigern.
7. Tipp gegen Aufschieberitis: Nur auf die aktuelle Aufgabe schauen
Prokrastinieren im großen Stil geschieht oft aus dem Gedanken heraus „Ich kann noch gar nicht XY. Ich muss erst mal dazu einen Workshop belegen / ein Buch lesen …“ Damit kommen wir uns selber dann produktiv vor, denn wir tun ja etwas für das Manuskript. Prinzipiell ist es auch richtig, Lücken zu füllen und die Fähigkeiten oder das Wissen zu erwerben, das benötigt wird, um das Buch schreiben zu können. Problematisch wird es, wenn man nur noch Lücken füllt und nicht schreibt. Daher ist es wichtig, das Schreiben in den Vordergrund zu stellen und nur das zu lernen, was im Moment tatsächlich benötigt wird.
8. Tipp gegen Aufschieberitis: Schreibe gemeinsam mit anderen
Sich mit anderen zusammenzusetzen und zeitgleich zu schreiben, hat einen wunderbaren Effekt auf die Konzentration und lässt dem Prokrastinieren keine Chance. Man hat einen begrenzten Zeitrahmen und steht ein kleines bisschen unter Beobachtung, aber es geht auch einfach etwas Positives, Motivierendes vom Zusammensein mit produktiven Menschen aus. Ob man an einem Präsenztreffen teilnimmt oder sich online trifft, spielt keine Rolle. Probier einmal aus, dich mit Leuten zu verabreden, die ebenfalls konzentriert an etwas arbeiten möchten oder nimm an der Stillen Stunde, dem Co-Working für Autoren (HIER klicken) teil, die sich immer mittwochs per ZOOM trifft.
9. Tipp gegen Aufschieberitis: Pomodoro-Technik verwenden
Neben den Schreibgeräten ist mein wichtigstes Arbeitsmittel der Kurzzeitwecker. Bei der Pomodoro-Technik schreibt man für 25 Minuten, macht dann 5 Minuten Pause, startet die nächsten 25 Minuten … und immer so weiter, solange man möchte. Während der 25 Minuten macht man nichts anderes als zu schreiben. Kein Blick aufs Handy, kein frischer Kaffee. Die Pausen sind auch wichtig und sollten nicht vernachlässigt werden. Am besten steht man in dieser Zeit vom Schreibtisch auf und bewegt sich ein bisschen. Natürlich kann man auch längere oder kürzere Zeitintervalle wählen, aber die 25 Minuten funktionieren erstaunlich gut.
10. Tipp gegen Aufschieberitis: Der 1-Minute-Trick
In schlimmen Krisenzeiten habe ich es nicht geschafft, mich 25 Minuten lang mit meinem Manuskript zu konfrontieren. Es hilft sehr, wenn man sich dann zugesteht, mit winzigen Zeiteinheiten zu arbeiten. Wie lange halte ich es am Schreibtisch aus, 10 Minuten oder 5 Minuten? Wenn gar nichts geht, versuche es mit einer Minute. Natürlich können wir nicht in 1-Minuten-Abschnitten einen kompletten Roman schreiben, doch es spricht nichts dagegen, uns mit winzigen Schritten an das Schreiben ranzutasten und ganz langsam die Schreibzeit zu verlängern.
11. Tipp gegen Aufschieberitis: Gut genug ist besser als perfekt
Ich gebe zu, diesen Tipp anzunehmen und umzusetzen, ist richtig schwierig. Aber es ist absolut entscheidend, uns nicht damit aufzuhalten, einen Text perfekt machen zu wollen. Zu keiner Zeit. Wenn es um das Thema Perfektionismus geht, würde ich sofort sagen: „Perfekt will ich den Text gar nicht machen, nur etwas besser. Im Moment ist er peinlich schlecht, so kann er nicht bleiben.“ Aber das ist natürlich das gleiche in grün. Um voranzukommen, müssen wir es ertragen, schlecht zu schreiben. So schlecht wie wir meinen, ist der Text womöglich gar nicht, denn wir selbst sind doch sowieso voreingenommen und überängstlich. Zu früh zu überarbeiten lohnt außerdem nicht, denn es wird sich noch so viel am Manuskript ändern, dass es Zeitverschwendung wäre, jetzt eine Szene zu verbessern, die später eventuell nicht mehr gebraucht wird. Außerdem gibt es keinen perfekten Text. Damit müssen wir uns abfinden.
12. Tipp gegen Aufschieberitis: Gehirngerecht vorgehen
Wie eingangs erwähnt, funktioniert das Prokrastinieren so, dass die Aussicht auf das Schreiben Stress und Angst in uns auslöst. Unser Gehirn erkennt dadurch für uns eine Gefahr und für das Gehirn macht es keinen Unterschied, ob diese Gefahr von einem Säbelzahntiger oder einem lahmen Plot ausgeht. Weg hier! Es rettet uns, indem es uns dazu bringt, das Manuskript zu verlassen. Folglich müssen wir den Stress reduzieren, den das Schreiben bei uns auslöst. Das passiert bereits, wenn wir Aufgaben in winzige Schritte teilen. Aber das allein reicht bei schwerem Prokrastinieren nicht aus. Falls du eine Entspannungstechnik beherrschst, wie Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung kannst du sie hier einsetzen, um dein Stresslevel zu senken. Weitere Möglichkeiten eine entspannte Schreibroutine aufzubauen, die der Aufschieberitis keine Chance lässt, zeige ich dir in meinem Mini-Workshop „Schreiben statt prokrastinieren“ HIER klicken.
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