Wenn man an einem Schreibworkshop teilnimmt, passiert oft etwas Wunderbares: Plötzlich hat man phänomenale Ideen, die ganz anders sind als das, was man schreibt, wenn man alleine zu Hause ist. Woran liegt das? Und was kann man tun, um sich diese anderen Ideen auch nach Hause zu holen? Über diese Frage habe ich lange nachgedacht. Natürlich hat es viel mit der neuen Umgebung und den gleichgesinnten Menschen zu tun, die eine inspirierende Atmosphäre entstehen lassen. Aber da ist noch mehr. Oft gibt es Schreibaufgaben, die fremd und herausfordernd sind, mit denen man sich freiwillig nicht beschäftigen würde und für die nur ein bestimmter Zeitrahmen zur Verfügung steht. Die Tatsache, dass mindestens die Sitznachbarn mitbekommen, ob man etwas zustande bringt, wirkt sich auch aus. Man wirft sich in die Aufgaben hinein, komme was wolle – und es kommt tatsächlich etwas Interessantes dabei heraus. Nicht immer, das ist klar, aber oft genug.

Improvisation als Schreibspiel

Natürlich kann man sich selbst auch alleine zu Hause Schreibaufgaben geben, aber der Effekt ist nicht derselbe. Etwas fehlt. Das Spiel. Ob uns das in dem Moment bewusst ist oder nicht, die Workshopsituation ist auch ein spielerisches Konzept. Aber wie soll man das zu Hause umsetzen? Zumindest mir geht es so, dass ich am eigenen Schreibtisch dazu tendiere viel zu absichtsvoll, zu durchdacht und möglichst „gut“ schreiben zu wollen.

Zum Glück ist mir das Buch „Improv for Writers“* von Jorjeana Marie in die Hände gefallen. Es enthält dutzende Spielvorschläge, die auf den ersten Blick albern und sinnlos wirken, aber genau dadurch werden die kaputtgedachten Texte verhindert und später stellt man überrascht fest, dass manche Idee, die auf die Schnelle entstanden ist, gar nicht so albern, sondern geradezu phänomenal ist.

Geschichten erfinden wie ein Kind

Improvisiertes Schreiben bedeutet: Man schreibt nicht nur mit einer klaren Zeitbegrenzung, sondern es steht auch so wenig Zeit zur Verfügung, dass man nicht die Gelegenheit hat nachzudenken. Man schreibt also spontan. Für jede Aufgabe gibt es klare Spielregeln und diese Regeln können auf den ersten Blick lächerlich und sinnlos wirken. Das ist so beabsichtigt. Das improvisierte Schreiben ist ein Spiel, das man spielt, um zu spielen. Auf diese Weise schreibt man wieder so, wie Kinder Geschichten erfinden. Kinder sind nicht verkopft, sie überlassen sich ganz dem Spiel, vertrauen darauf, dass sie von einer Idee zur nächsten kommen werden und sind offen für alles, was ihnen einfällt. Dabei sind sie mit ganzem Einsatz bei der Sache. Wenn ich Fünfjährigen beim Spielen zuhöre, denke ich oft: „Was für tolle Geschichten könnte ich schreiben, wenn ich diese Art des Erfindens noch könnte.“ Mit den Spielen des improvisierten Schreibens ist man zumindest nah dran an der kindlichen Art des Erfindens.

Improvisation ist das Gegenteil von verkopftem, totgeplantem Schreiben und das Gegenteil von einer Schreibblockade.

Sind das nicht schon genug Gründe, um es einmal auszuprobieren?

Zwei Schreibspiele zum Ausprobieren

Hier unten sehr ihr zwei Videos, in denen ich euch ein Schreibspiel vorstelle und sofort mit euch zusammen schreibe. Es geht darum, ohne groß nachzudenken und ohne zu bewerten mitzumachen. Nehmt euch zehn Minuten Zeit, legt eure Schreibsachen bereit und einen Würfel, dann können wir loslegen.

Das erste Impro-Spiel ist eine Aufwärmübung. Ja, lass uns:

Habt ihr mitgeschrieben? Super! Dann kommt hier das zweite Impro-Spiel, bei dem es um die dunkle Seite der Figuren geht:

Ich hab es schon im Video gesagt, aber ich sage es noch mal: Diese Schreibspiele könnt ihr natürlich auch mit den Figuren und den Welten durchspielen, die zu eurem aktuellem Schreibprojekt gehören. Außerdem können die Spielregeln auch nach Belieben abgewandelt werden.

Wie war das Impro-Schreiben für euch? Bitte, hinterlasst mir einen Kommentar, mit euren Erfahrungen und Eindrücken.

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About the Author Pia

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